FALLSTUDIE: Sanierung eines CNC Unternehmens mittels Planinsolvenz
Die nachfolgende Fallstudie zeigt an einem anonymisierten Fall die Möglichkeiten eines Insolvenzplanverfahrens exemplarisch auf sowie die damit verbundenen Chancen hinsichtlich Nachfolgeregelung und Einbeziehung von Investorenkapital. Die /// HCM wurde speziell beauftragt, den Prozess vollständig zu begleiten.
Ausgangslage
Das CNC-Unternehmen aus Süddeutschland ist ein Familienunternehmen, welches in zweiter Generation vom Eigentümer geführt wird. Das Unternehmen verfügt über einen spezialisierten Mitarbeiterstamm (ca. 30 Mitarbeiter), wobei eine Tochter bereits in der zweiten Führungsebene aktiv mitarbeitet. Das metallverarbeitende Unternehmen hat seine Kernkompetenzen in den Bereichen Dreh- und Frästechnik von Baugruppen in Groß- und Kleinserien - vor allem für die Zulieferindustrie. Darüber hinaus bietet das Unternehmen die Konzeption, Konstruktion und Montage inkl. Messungen und Analysen sowie Oberflächenveredelungen an. Alle notwendigen Zertifizierungen liegen vor und das Unternehmen arbeitet regional mit wissenschaftlichen Einrichtungen sowie in Kooperation mit Kunden an der Weiterentwicklung von Produkten und Verfahren. Hiermit erwirtschaftet das Unternehmen in normalen Jahren einen durchschnittlichen Umsatz von ca. 5 Mio. Euro, bei einer Umsatzrendite von ca. 10 %.
Problemanalyse und offene Fragen
In den vergangenen Jahren ergaben sich erste Problemfelder, die sich zurückliegend nochmals verstärkten. Zum einen zeigte sich, dass das langjährige Produktangebot sowie die abhängige Kundenstruktur zu einem Umsatzrückgang und zu einer Verschlechterung der Ergebnisse führten. Darüber hinaus offenbarte die Ein-Personen-Führungspolitik in dieser ersten schwierigen Phase bereits eine Abhängigkeit vom Inhaber, besonders da die zweite Führungsebene nicht gänzlich in die geschäftsführenden Prozesse eingebunden wurde bzw. die Entscheidungsprozesse gänzlich über den Inhaber vollzogen wurden. Hierdurch wurden Prozessoptimierungen und Innovationen abgeschnitten und gelangten zu selten in den Führungsdiskurs. Diese Probleme wurden durch die Corona-Pandemie und die damit verbundenen Einschränkungen nochmals verstärkt. Der daraus resultierende Umsatzeinbruch (> 50 %) führte im Unternehmen in den Folgemonaten zu Kurzarbeit und zu einem aufbrauchen des Eigenkapitals. Verhandlungen und Vereinbarungen mit Zulieferern und Kunden konnten die angespannte Situation zwar kurzzeitig etwas entspannen, führten aber letztendlich doch zu einer drohenden Zahlungsunfähigkeit, da der Liquiditätsbedarf nicht mehr gedeckt werden konnte. Für die Erarbeitung einer Lösungsstrategie musste im ersten Schritt die Sanierungs- und Zukunftsfähigkeit des Unternehmenskerns geprüft werden. Die /// HCM wurde hierfür beauftragt und begleitete den Prozess fortlaufend. Die daraus erzielten Ergebnisse entscheiden dann im nächsten Schritt über die möglichen Restrukturierungs- und Sanierungsverfahren. Dahingehend gibt es mittlerweile verschiedene Pfade der Restrukturierung, vor allem nach dem Inkrafttreten des neuen Stabilisierungs- und Restrukturierungsgesetztes (StaRUG) am 1.1.2021.
Beim Unternehmen wurde die Eigenverwaltung als Sanierung in Betracht gezogen. Die Eigenverwaltung ist eine privilegierte Form der Insolvenz und ist angesiedelt beim Insolvenzgericht. Wie der Name schon sagt, ist der Antragssteller dann in der Pflicht, sein Unternehmen selbst zu sanieren. Dafür wird ihm vom Insolvenzgericht kein Insolvenzverwalter, sondern ein sogenannter Sachwalter an die Seite gestellt. Der Sachwalter hat diesbezüglich Aufsichtsführende Funktionen, jedoch bleibt der Geschäftsführer weiter das handlungsfähige Organ im Unternehmen. Der Sachwalter begleitet das Unternehmen dann in der Sanierung und es werden die Geschäftsvorfälle und die Zahlungen mit ihm abgestimmt. Das ganze beginnt mit der Antragsstellung beim Insolvenzgericht und hierfür müssen entsprechende Voraussetzungen erfüllt sein. Generell kann festgehalten werden, dass sich das Verfahren in Eigenverwaltung in der Regel für den redlichen und den rechtzeitigen Antragssteller eignet. Mit der Eröffnung des Verfahrens in Eigenverwaltung wird der Sachwalter bestellt, der personenidentisch zum vorläufigen Verfahren ist und erst dann wird öffentlich bekannt gemacht, dass das Unternehmen in Eigenverwaltung ist. Gläubiger und Interessierte können das dann unter den amtlichen Bekanntmachungen im Internet einsehen.
Eigenverwaltungsverfahren werden regelmäßig über einen Insolvenzplan gelöst. In diesem Insolvenzplan werden Gläubiger in Gruppen eingeteilt und es können für die verschiedenen Gruppen unterschiedliche Befriedigungsformen vorgesehen werden. Für Gläubiger ist dieses Insolvenzplanverfahren dann attraktiv, wenn sie darüber eine höhere Befriedigung erwarten können, als über ein Regelinsolvenz. Zu den Gläubigern gehören natürlich auch Lieferanten und Dienstleister, die Interesse daran haben, mit einem sanierten Unternehmen Neugeschäft zu generieren und um damit auch Verluste aus der Vergangenheit zu kompensieren bzw. zu relativieren. Das macht das Verfahren so attraktiv, da dadurch der Reputationsverlust des Unternehmens, der bei der Regelinsolvenz häufig auftritt, in der Regel nicht eintritt. Das beginnt dahingehend schon bei der Bezeichnung des Verwalters. Es ist eben kein Insolvenzverwalter, sondern „nur“ ein Sachwalter. Und damit ist der Geschäftsführer weiter das handlungsfähige Organ im Unternehmen. Zudem bleibt nur bei diesem Verfahren die Eigentümerstruktur und damit der Wert der Gesellschaftsanteile erhalten. Ein weiterer Vorteil des Eigenverwaltungsverfahrens ist, dass es ein sehr zeitnah umsetzbares Verfahren ist und dass am Ende ein saniertes Unternehmen – bei Fortbestand der Arbeitsplätze, Liefer- und Kundenstrukturen – erhalten bleibt.
Lösungsstrategie durch HCM
Die /// HCM hatte das Unternehmen bereits zurückliegend kaufmännisch und betriebswirtschaftlich beraten und konnte so nach Einsetzen der Krisensituation relativ schnell handeln und die weitere Vorgehensweise mit dem Unternehmen abstimmen. In diesem Zusammenhang konnte sich das Unternehmen auf ein umfangreiches /// HCM-Netzwerk von Insolvenzverwaltern verlassen, aus dem ein Vertreter dem Unternehmen beratend zur Seite stand und die Möglichkeiten und Chancen der einzelnen Verfahren aufzeigte. Nach intensiven Beratungen, auch im Unternehmen selbst, wurde sich dann für das Eigenverwaltungsverfahren zum Zwecke der Sanierung entschieden.
Nach Eröffnung des Verfahrens wurde durch den Sanierungsberater /// HCM ein Insolvenzplan erstellt, der grundlegend ein Sanierungsvertrag mit den Gläubigern darstellt. Der Insolvenzplan besteht in der Regel aus zwei Teilen. Zum einen aus dem darstellenden Teil, der die Beschreibung des Unternehmens und der Krisenursachen enthält. Und zum anderen den gestaltenden Teil, der die Sanierung vorstellt und wie in die Rechte der Gläubiger eingegriffen werden soll. Dazu gehören bspw. Schuldenverzichte, Stundungen und Tilgungen. Im Anschluss und nach Abstimmung mit den jeweiligen Parteien wird der Insolvenzplan dem Gericht vorgelegt und dieses prüft, ob der Insolvenzplan den Regeln der Insolvenzordnung entspricht und kein Gläubiger über Gebühr benachteiligt wird. In diesem Beispiel war dies der Fall und der Insolvenzplan wurde dann den Gläubigern zur Verfügung gestellt.
Im Anschluss wurde ein Abstimmungs- und Erörterungstermin vereinbart, in dem mehrheitlich über den Plan abgestimmt wurde. Hier benötigt es keiner Einstimmigkeit, sondern die Mehrheit entscheidet über die Ablehnung oder Annahme des Plans. Bei diesem CNC-Unternehmen stimmten 100 % der Gläubiger in den einzelnen Gruppen für die Annahme des Plans und mit Unterstützung der /// HCM konnte so ein Schuldenschnitt (ca. 2,5 Mio. Euro) für das Unternehmen vereinbart werden und alle darüber hinaus gehenden Forderung wurden als Erlassen angesehen. Mit Annahme des Insolvenzplans konnte das Unternehmen aus dem Insolvenzverfahren entlassen werden und gewann so seine Bonität zurück und konnte nun wieder am Markt frei agieren. Die Umsetzung und Erfüllung des Insolvenzplans erfolgte innerhalb eines Jahres dann parallel ohne den Makel einer langwierigen, klassischen Insolvenz.
Nachfolge und Investorenkapital
Im Zuge der Erarbeitung des Insolvenzplans wurde auch das Thema ungeklärte Nachfolge bzw. unzureichende Einbindung der zweiten Managementebene erörtert und als einer der Krisenauslöser identifiziert. Zusammen mit dem Unternehmer wurde vereinbart, dass die Tochter zusammen mit Investoren 100 % der Gesellschafteranteile übernimmt und das Unternehmen in Zukunft führen soll. Der Alt-Unternehmer wird dem Unternehmen im Zuge der Übernahme weiter beratend zur Verfügung stehen und nach einem bestimmten Zeitraum in den Ruhestand gehen. Die /// HCM unterstützte das Unternehmen auch bei der Suche nach Investoren. Neben einem finanziellen Engagement der /// HCM-Beteiligungsgesellschaft konnten zwei weitere Investoren aus dem Netzwerk der /// HCM für dieses Projekt gewonnen werden. In Summe stellt die Investorengruppe einen kleinen siebenstelligen Betrag zur Verfügung.
Mit diesem neuen Finanzierungsspielraum ist es dem Unternehmen nun möglich, bisher ungenutzte Produktpotenziale anzugehen und umzusetzen. Darüber hinaus bilden diese Maßnahmen den Grundstein für weitere Finanzierungsrunden. Zusammen mit der /// HCM werden diesbezüglich gerade weiterführende Gespräche mit einem Finanzierungspartner über eine zusätzliche Kreditlinie geführt, welche den weiteren Umbau zusätzlich absichern soll. So ist das Unternehmen für die zukünftigen Herausforderungen sehr gut gerüstet.
HCM Fallstudie CNC Unternehmen (PDF, ca. 660 KB)
Siehe hierzu auch den HCM-Filmbeitrag mit Rechtsanwalt Berend Böhme (LINK).